Systemisches Business Coaching – was heißt das genau?

Systemisches Business Coaching was heißt das genau

CEO, CFO, COO, Head of …, Teamlead – die Unternehmensstrukturen von Organisationen werden immer komplexer. Doch sie zeigen eines ganz deutlich: alles hängt zusammen. Genau das ist der Grundgedanke eines Systems. Deshalb ist systemisches Denken heute relevanter denn je – auch im Business Coaching.

Systemisches Business Coaching betrachtet berufliche Herausforderungen nicht als feststehende Tatsachen, sondern als Interpretationen der beteiligten Personen. Diese stehen wiederum in Wechselwirkung zu anderen Interpretationen. Eingefahren im Arbeitsalltag ist es jedoch oft schwierig, größere Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen. Systemisches Business Coaching hilft dabei, diese und die eigenen Einflussmöglichkeiten aktiv wahrzunehmen.

In diesem Beitrag werfen wir von der Münchner Akademie für Business Coaching einen Blick auf die Systemtheorie, gehen auf den systemischen Ansatz ein und darauf, warum Systemisches Business Coaching unser Fokus ist – im Einzel- wie im Teamcoaching.

Systemtheorie als Basis für Systemisches Business Coaching

Um Systemisches Business Coaching zu verstehen, bedarf es der Grundlagen der Systemtheorie. Dazu gehören zwei wichtige Begriffe: das „System“ und das „systemische Denken“.

Was ist ein System?

Fachlich gesprochen ist ein System ein Ganzes, das aus einer Menge von Elementen gebildet wird. Diese Elemente stehen miteinander in Wechselwirkung. Gewöhnlich ist jedes System wieder Element eines umfassenderen Meta-Systems und die einzelnen Elemente eines Systems stellen selbst wieder Subsysteme dar.

Systemisches Business Coaching betrachtet zum Beispiel ein Unternehmen – das Meta-System. Subsysteme sind einzelne Abteilungen wie Human Resources (HR), Produktion, Vertrieb oder Marketing. Die einzelnen Elemente in diesen Subsystemen sind die dort arbeitenden Menschen.

Diese Bereiche stehen miteinander in Wechselwirkung: HR stellt qualifizierte Mitarbeiter ein, die – im Idealfall – fachlich und menschlich ins jeweilige Team passen. Der Vertrieb verkauft die von der Produktion hergestellten Produkte und das Marketing bewirbt diese.

Genauso stehen jedoch auch die einzelnen Mitglieder jeder Abteilung in Wechselwirkung miteinander, denn sie sind in ihrem Team-System ebenfalls Elemente mit individuellen Interpretationen. Sie haben bestimmte Aufgaben und Sichtweisen. Doch Personen reagieren nicht nur auf Regeln und Reize, sondern handeln auf Basis von subjektiven Deutungen.

Zusätzlich bringen sie ihre persönlichen Lebensumstände aus ihren anderen sozialen Systemen (z. B. Familie) mit, die sie beeinflussen. So entsteht ein wechselseitiger Bezug zwischen individuellen Problemen und interpersoneller Kommunikation. Auch hier schaut Systemisches Business Coaching genau hin.

Weitere Beispiele für Systeme sind:

  • Wirtschaftssysteme (wie globale Lieferketten)
  • Biologische Systeme (wie das Immunsystem)
  • Mechanische Systeme (wie ein Automotor)
  • Ökologische Systeme (wie ein Korallenriff)
  • Glaubenssysteme (wie der Buddhismus)

Systemisches Denken

Das klingt alles sehr komplex – und das ist es auch. Deshalb ist systemisches Denken so wichtig. Denn um bestimmte Probleme in diesen Systemen zu verstehen, braucht es einen holistischen systemischen Ansatz.

Systemisches Denken bedeutet, die Welt als ein Netzwerk zu betrachten, in dem Veränderungen einzelner Elemente durch die vorhandenen Wechselwirkungen und Abhängigkeiten Auswirkungen auf das ganze System haben können. Dieses Denken lässt sich auf Unternehmen und die darin agierenden Personen übertragen und macht Systemisches Business Coaching so zu einer wichtigen Stütze zum Beispiel bei Veränderungsprozessen.

Systemisches Business Coaching – was macht diesen Ansatz aus?

Ein Systemischer Business Coach hat das ganzheitliche systemische Denken verinnerlicht und betrachtet seine Coachees in ihrem System – zum Beispiel innerhalb eines Teams – und achtet auf Beziehungen und Wechselwirkungen. Dabei ist es egal, ob nur eine Person des Teams der Klient ist (Einzelcoaching) oder ein ganzes Team (Teamcoaching). Systemisches Business Coaching stellt Beziehungen, Zusammenhänge und Interaktionen im Klienten-System in den Mittelpunkt.

Damit bietet Systemisches Business Coaching Unternehmen eine wichtige Sichtweise, die benötigt wird, um zum Beispiel:

  • Veränderungen gezielt voranzutreiben.
  • Change-Prozesse erfolgreich durchzuführen.
  • ein Team dabei zu unterstützen, gemeinsam nachhaltig besser zu performen.

3 Tools für Systemisches Business Coaching

Um bei all diesen Punkten unterstützen zu können, müssen Systeme erst einmal sichtbar und nachvollziehbar gemacht werden. Ein zertifizierter Systemischer Business Coach verfügt über Wissen in der Systemtheorie und systemisches Denken, kennt Tools für Systemisches Business Coaching und kann diese anwenden. Auf drei davon möchten wir an dieser Stelle näher eingehen:

1. Das Soziogramm

Mithilfe der Visualisierung in einem Soziogramm kann ein Systemischer Business Coach den Kontext des Coachees erfragen. Gleichzeitig erhält er Auskunft über die Qualität der jeweiligen Beziehungen im Klienten-System.

Es gibt keine festen Kriterien, wie ein Soziogramm aussehen sollte. Es können Skizzen, Pfeilaufkleber und Linien verwendet werden, zum Beispiel so:

Soziogramm

2. Drei Arten von Rückkopplungen

Kleine Veränderungen im Denken und Handeln des Coachees können zu großen Veränderungen in seinem System führen. Das lässt sich anhand von visualisierten Rückkopplungen, also Auswirkungen von Veränderungen in einem System, veranschaulichen.

Systemisches Business Coaching unterscheidet dabei zwischen drei verschiedenen Arten von Rückkopplung:

  • Verstärkende Rückkopplung: Eine Veränderung im System verstärkt die vorherige Veränderung – das Ergebnis ist meist Instabilität. Hier entstehen oft Teufelskreise, die zur Eskalation führen. Die Verbindung zwischen Zeitdruck und Überarbeitung ist ein Beispiel dafür: Existiert das eine, gibt es in der Regel auch das andere.
Verstärkende Rückkopplung
  • Hemmende Rückkopplung: Die Veränderung in einem System führt zu einer Reduzierung der vorangegangenen Veränderung – und somit in der Regel zu Stabilität. Ein Beispiel dafür ist die Situation zwischen einem Vorgesetzten und seinem Team: Wenn der Vorgesetzte weniger Druck ausübt, arbeitet das Team entspannter. Irgendwann beginnt dann vielleicht der „Schlendrian“ und der Vorgesetzte erhöht wieder den Druck. Der Druck führt zu einer höheren Performance, was dann den Chef in der Folge zufriedenstellt und er mit dem Druck wieder nachlassen kann. So pendelt sich Druck und Teamperformance auf einen bestimmten „Sollwert“ ein, der hoffentlich beide Seiten zufrieden stellt.
Hemmende Rückkopplung
  • Vorwärtskopplung“ bzw. selbsterfüllende Prophezeiung: Die Erwartung eines zukünftigen Ereignisses führt zu einer Veränderung des Verhaltens, womit die Wirkung tatsächlich erst ausgelöst wird. Nimmt ein Mitarbeiter zum Beispiel an, dass er gekündigt werden könnte, ist er gestresst. Aus Angst, keine Fehler zu machen, um keinen Kündigungsgrund zu liefern, macht er stressbedingte Fehler. Diese führen dazu, dass er tatsächlich gekündigt wird.
Vorwärtskopplung

Systemisches Business Coaching kann durch die Verbildlichung der Rückkopplungen helfen, größere Zusammenhänge zu verstehen und die eigenen Einflussmöglichkeiten aktiv wahrzunehmen.

3. Fünf systemische Fragetechniken

Ein zentrales Werkzeug für Systemisches Business Coaching sind systemische Fragen. Sie geben dem Coachee die Möglichkeit, Zusammenhänge und Wechselwirkungen in seinem System zu entdecken. Systemische Fragetechniken eröffnen neue, hilfreiche Perspektiven und Lösungsideen und zeigen bisher unerkannte Möglichkeiten des Handelns auf.

Dabei gibt es fünf verschiedene Arten systemischer Fragen:

  1. Zirkuläre Fragen erzeugen einen Perspektivwechsel. Zum Beispiel:
    „Wenn ich Ihren Chef fragen würde: ,Wie ist die Stimmung in Ihrer Abteilung?’ – Was würde er mir erzählen?“
  2. Metapher-Fragen beziehen sich auf Sprachbilder, die der Coachee selbst verwendet. Diese holen ihn in seiner Erlebnis- bzw. Gefühlswelt ab, zum Beispiel bezogen auf den Vergleich des Lebens oder der Karriere mit einer Achterbahn: „An welcher Stelle befindet sich Ihr Wagen gerade?“
  3. Verschlimmerungsfragen machen dem Coachee seine Einflussmöglichkeit und Selbstverantwortung bewusst. Denn wer eine Situation verschlimmern kann, der kann sie auch verbessern. Zum Beispiel: „Welche Möglichkeiten haben Sie, um den Konflikt noch weiter eskalieren zu lassen?“
  4. Hypothetische Fragen regen das lösungsorientierte Denken an – ein zentrales Element, wenn es um Systemisches Business Coaching geht. Dabei werden Zusammenhänge in ungewohnten Kontext gestellt. Zum Beispiel: „Mal angenommen, Sie wären auf Ihr monatliches Gehalt gar nicht angewiesen – wie würden Sie dann an die Situation herangehen?“
  5. Die Skalenfrage kennen viele aus dem Alltag, wenn es beim Arzt zum Beispiel um Schmerzen geht. Auch Systemisches Business Coaching nutzt diese Frage zur Selbsteinschätzung des Coachees – allerdings bezogen auf Motivation, Zufriedenheit oder Zuversicht. So können Unterschiede und Erreichtes bewusst gemacht und Veränderungen festgehalten werden: „Auf einer Skala von 0 bis 10, wie zufrieden sind Sie gerade mit XY?“

Systemisches Business Coaching im Fazit

Systemisches Business Coaching bietet eine ganzheitliche Perspektive, die über die reine Arbeit mit dem einzelnen Coachee hinausgeht. Ein Systemischer Business Coach betrachtet den Menschen immer als Teil seines Systems – inklusive seiner Beziehungen, Rollen und Wechselwirkungen mit anderen Personen und Einflussfaktoren. Dadurch können Zusammenhänge sichtbar werden, die sonst verborgen bleiben.

Jede Veränderung – ob in einem Team, einer Abteilung oder bei einer Führungskraft – wirkt immer auch auf andere Teile des Systems. Wer diese Wechselwirkungen erkennt, kann nicht nur bewusster und nachhaltiger handeln, sondern auch besser führen. Denn systemisches Denken bedeutet, den Blick zu weiten von „Wer ist schuld?“ hin zu „Wie wirke ich in meinem System – und was kann ich verändern?“.

Deshalb steht der systemische Ansatz im Mittelpunkt unserer Arbeit an der Münchner Akademie für Business Coaching – in der Ausbildung wie auch in der Praxis. Wenn Sie jetzt mehr über Systemisches Business Coaching, Systemtheorie und die damit verbundenen praktischen Tools lernen möchten, schauen Sie sich gern unsere Ausbildung zum Systemischen Business Coach (SBC)® an.

©Grafiken: ROCKETPICS.net