Was ist Shadowing beim Coaching für Führungskräfte?
Was ist Shadowing? – Auf diese scheinbar simple Frage gibt es verschiedene Antworten, denn es kommt auf den Kontext an:
- Es gibt eine Shadowing-Methode, um eine Sprache zu lernen. Dabei bedeutet Shadowing, dass man einen gehörten Text nachspricht.
- Es gibt das Job-Shadowing, bei dem es darum geht, einen Kollegen bei seiner Tätigkeit zu begleiten, um voneinander zu lernen.
- Und es gibt das Shadowing im Coaching, bei dem ein Coach seinen Coachee in dessen Arbeitsalltag begleitet.
Zwei dieser Ansätze befinden sich im Business-Bereich und diese weisen Gemeinsamkeiten auf. In diesem Beitrag widmen wir uns vor allem der Frage: Was ist Shadowing beim Coaching für Führungskräfte?
Inhaltsverzeichnis:
Definition: Was ist Shadowing?
„Shadowing“ bedeutet übersetzt „Beschattung“ oder „Begleitung“. Im Business-Kontext wird das Shadowing zur direkten Weiterbildung oder zur Reflexion des eigenen Verhaltens im Rahmen eines Coachings genutzt:
Job-Shadowing als Methode der Personalentwicklung
Im beruflichen Zusammenhang ist bisher vorrangig das Job-Shadowing bekannt – eine Methode, die vor allem in den USA zur Weiterbildung oder Berufsorientierung eingesetzt wird. Dabei begleitet ein Mitarbeiter einen Kollegen über einen gewissen Zeitraum bei der Arbeit und erhält so einen Einblick in seine Aufgaben und lernt von ihm.
Shadowing als Teil vom Coaching für Führungskräfte
Einen ähnlichen Hintergrund hat das Shadowing auch im Coaching für Führungskräfte: Hier soll der Coach einen Einblick in den Berufsalltag seines Coachees bekommen und begleitet die Führungskraft, um eigene Eindrücke zu sammeln. So beobachtet er, was wirklich geschieht, und ist nicht nur auf die Aussagen des Coachees angewiesen. Dabei achtet er unter anderem auf folgende Punkte:
- Wie bewegt sich der Coachee in seiner Rolle im Team-System?
- Wie führt er ein Meeting?
- Wie kommuniziert der Coachee?
- Wie handelt er unter Stress?
- Wie reagiert der Coachee auf Kritik?
Durch diese Beobachtungen kann der Coach die Schilderungen des Coachees einordnen und besser auf den Coachee und seine Lebensrealität eingehen.
Warum wird Shadowing im Business Coaching angewendet?
Coaching für Führungskräfte findet in der Regel im Dialog zwischen Coach und Coachee statt. Der Coach stellt Fragen, um die Lebensrealität des Coachees zu erfassen. Die Selbstwahrnehmung wird ebenso wie die Darstellung der besprochenen Situation durch die „Brille“ des Coachees beschrieben.
Alles Erzählte ist somit subjektiv. Denn jeder Mensch trägt Wahrnehmungsfilter, implizite Narrative oder unbewusste Schutzmechanismen in sich. Hinzu kommen blinde Flecken. All das führt zu einer verzerrten Darstellung.
Doch im Coaching für Führungskräfte geht es meist auch um ein Team und die Auswirkungen des Verhaltens der Führungskraft auf dieses soziale System – zumindest im Ansatz des systemischen Business Coachings, denn dabei liegt der Fokus auf den Beziehungen, Zusammenhängen und Interaktionen im System des Coachees. Daher braucht es hier oft mehr als die Darstellung durch den Coachee, um die Menschen in ihrem Kontext, in ihren Wechselwirkungen, in ihren Rollen und Regeln sehen zu können.
An dieser Stelle kommt das Shadowing als ergänzende Methode im Business Coaching für Führungskräfte zum Einsatz, weil es den systemischen Ansatz unterstützt.
Das muss beim Shadowing beachtet werden
Auch das Shadowing ist nicht gänzlich objektiv. Die Beobachtungen werden durch den subjektiven Blick des Coachs geprägt. Denn in seine Interpretationen fließen wiederum seine Erfahrungen, Annahmen und Deutungsmuster mit ein. Dennoch erweitert die Shadowing-Methode das Coaching um eine zusätzliche Perspektive.
Zudem kann die Anwesenheit des Coachs das Verhalten im System beeinflussen. Wer weiß, dass er beobachtet wird, agiert häufig reflektierter, hört aufmerksamer zu oder vermeidet kritische Aussagen. Das muss in der Interpretation, der beim Shadowing gesammelten Beobachtungen, einbezogen werden.
Zwei Arten von Shadowing im Coaching für Führungskräfte
Shadowing findet in realen Arbeitssituationen statt – etwa in Meetings, Mitarbeitergesprächen oder Workshops. Da der Coach dabei zwar als „Schatten“ agiert, jedoch nicht unsichtbar ist, muss er anderen Mitgliedern des Systems vorgestellt werden. An diesem Punkt kann die Führungskraft zwischen zwei Methoden wählen: dem offenen und dem verdeckten Shadowing.
Offenes Shadowing
Bei dieser Variante der Shadowing-Methode wissen alle Beteiligten, dass der anwesende Coach das Geschehen beobachtet. Transparent wird kommuniziert, dass er keine Kontrollfunktion übernimmt, sondern als neutraler Feedbackgeber agiert.
Diese Offenheit hat den Vorteil, dass sie das Vertrauensverhältnis zwischen der gecoachten Führungskraft und ihrem Team nicht beeinträchtigt – im Gegenteil: Sie schafft Klarheit und Vertrauen.
Verdecktes Shadowing
Bei der verdeckten Shadowing-Methode wird der Coach stattdessen als Gast oder kollegialer Besucher vorgestellt. Nur die gecoachte Führungskraft weiß, welche Rolle er wirklich einnimmt. Der Vorteil dieser Methode: Die übrigen Beteiligten verhalten sich meist natürlicher, da sie sich unbeobachtet fühlen.
Gleichzeitig bringt diese Variante erhebliche ethische Herausforderungen mit sich. Sie wirft Fragen nach Transparenz und Einverständnis auf: Werden die Beteiligten getäuscht? Auch das Vertrauen steht auf dem Spiel: Welche Signale sendet die verdeckte Beobachtung an die Mitarbeiter und wie wirkt sich das auf ihre psychologische Sicherheit aus? Schließlich stellt sich die Frage, ob sich ein solches Vorgehen mit einer Coaching-Haltung vereinbaren lässt, die auf Offenheit, Freiwilligkeit und Eigenverantwortung beruht.
Fazit: Was ist Shadowing als Teil vom Coaching für Führungskräfte?
Shadowing ermöglicht einem Coach, seinen Coachee in seinem System zu sehen – inklusive der erzeugten Wechselwirkungen. Damit kann er nicht nur während des Geschehens Annahmen treffen, die später im Einzelcoaching mit dem Coachee besprochen werden, sondern fügt der (Selbst-)Darstellung des Coachees auch seine Perspektive der Fremdwahrnehmung hinzu.
Damit ist das Shadowing im Coaching für Führungskräfte ein spannendes Tool für professionelle Business Coaches, um den Coachee wirksamer zu begleiten. Wichtig ist dabei jedoch die kontinuierliche Reflexion des Coachs, sowohl von dem Beobachteten als auch von seiner eigenen Rolle.
Außerdem erfordert die Shadowing-Methode einen verantwortungsvollen Umgang – das bedeutet: klare Vereinbarungen und explizite Zustimmung von möglichst allen Teammitgliedern. Bei der Entscheidung zwischen offenem und verdecktem Shadowing sollten der Coach und sein Coachee immer überlegen, was stärker wiegt: der Erkenntnisgewinn oder die mögliche Beschädigung des Vertrauensverhältnisses.
Wenn Sie Fragen zum Thema Shadowing haben oder überlegen, diese Methode im Rahmen eines Einzelcoachings in Anspruch zu nehmen, melden Sie sich bei uns – wir beraten Sie gern!